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KVWL kompakt Februar 2025_RZ + praxis intern

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KVWL kompakt Februar 2025_RZ + praxis intern

2/202510Hinweisen auf

2/202510Hinweisen auf eine berufsbedingte Ursacheauch eine Meldung an den zuständigen betriebsärztlichenDienst und die Berufsgenossenschafterfolgen (3).Therapeutische Wirksamkeit: Die Evidenzfür eine Wirksamkeit fast aller derzeit angebotenenTherapiemaßnahmen ist ungenügend.Am 27. November 2024 wurden ersteErgebnisse eines sog. „Living systematicreview“ (SR) veröffentlicht. Dabei handeltes sich um eine Sammlung der vorliegendenEvidenz, die kontinuierlich aktualisiert wird,um den neuesten Stand der Forschung abzubilden.Die Autoren kommen überwiegend vonder McMaster University in Hamilton, Kanada,der Wiege der Evidenzbasierten Medizin. DerArtikel und die Evidenztabellen sind barrierefreibeim British Medical Journal einzusehen(11).Eingeschlossen werden randomisierte, kontrollierteStudien (RCT) mit Erwachsenen,die ≥ 3 Monate nach einer laborchemischdokumentierten SARS-CoV-2-Infektion anPCS-Symptomen leiden (Fatigue, Kurzatmigkeit,kognitive Einschränkungen, Schmerzen).Nicht berücksichtigt werden Studien mit Patienten,die „nur“ an einer An- oder Hyposmieleiden und kleine RCT mit < 25 Patienten proStudienarm. Die Suche nach den Studienerfolgt fortlaufend mittels definierter Suchbegriffein sieben Datenbanken. Die Datenextraktion,-synthese und -bewertung erfolgtstandardisiert. Die Sicherheit der Studienergebnissewird nach den GRADE-Kriterien(„Grading of Recommendations Assessment,Development and Evaluation“) in „hoch“,„mäßig“, „niedrig“ und „sehr niedrig“ angegebenund unter Berücksichtigung möglicherVerzerrungen („Publication bias“, Ergebnis-Heterogenität, Indirektheit, Präzision desSchätzers usw.).Bislang wurden nach Primärsuche und Lesender Studienzusammenfassung 604 RCTsidentifiziert. Von diesen wurden 336 ausgeschlossen,meist weil sie zu wenige Patienteneinschlossen, die PCS-Krankheitsdefinitionnicht erfüllten, nicht randomisiert waren oderdie Studiendetails nicht zugänglich waren.Von den verbliebenen 268 RCTs liegen bei 24Ergebnisse vor (Publikation 2021-2024). Darinwurden geprüft: Trainings- und Rehabilitationsprogramme(8 RCTs mit insgesamt 985Patienten), medikamentöse (4 RCTs mit 708Patienten), diätetische (4 RCTs mit 794 Patienten),apparative (4 RCTs mit 309 Patienten)und verhaltenstherapeutische Interventionen(3 RCTs mit 314 Patienten) und eine Kombinationaus physischem Training und psychischerIntervention (1 RCT mit 585 Patienten).Die mittlere Zahl der eingeschlossenen Patientenbetrug 100 (IQR: 60-153), das mittlereAlter 51 Jahre, 65% waren Frauen. 40% dereingeschlossenen Patienten wurden wegender COVID-19-Erkrankung zuvor im Krankenhausbehandelt. Der dominierende PCS-Phänotyp war schlechte Lebensqualität bzw.Belastbarkeit (79,2%); bei 12,5% dominiertenrespiratorische und bei 8,3% neurokognitiveSymptome.Demnach besteht eine Evidenz mit „mäßigerSicherheit“ derzeit nur für drei Interventionen:1. ein online unterstütztes Programm mitkognitiver Verhaltenstherapie (KVT) imVergleich zu „standard care“, hinsichtlicheiner Verbesserung bei den Zielparametern„Fatigue“ (-8,4 Punkte auf der8-56 Punkte umfassenden „CIS Fatigue“-Subskala) und „kognitive Funktion“ (-5,2Punkte auf der 5-35 Punkte umfassenden„CIS Concentration Problems“-Subskala);2. ein online unterstütztes, kombiniertesRehabilitationsprogramm mit körperlichenund kognitiven Übungen im Vergleichzu „standard care“, hinsichtlichder Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands(„Number Needed toTreat“: 16,1), der Symptome einer Depression(-1,5 Punkte auf der 21 Punkteumfassenden „HADS depression“-Subskalasowie der Lebensqualität (+0,04

Punkte auf der von - 0,022 bis 1,0 Punkteumfassenden „PROPr health relatedquality of life“-Skala);3. ein intermittierendes aerobes Trainingsprogramm(3-5-mal wöchentlich über4-6 Wochen) im Vergleich zu kontinuierlichemTraining hinsichtlich des Zielparameters„Körperfunktion“ (+3,8 Punkteauf dem 100 Punkte umfassenden „SF-36 physical component score“).Die Therapieeffekte sind nicht sehr groß undheterogen. Es gibt also „Responder“ und„Non-Responder“. Keine Evidenz besteht fürdie Wirksamkeit aller anderen Interventionen,wie z.B. den Arzneistoffen Vortioxetin (Antidepressivum),Leronlimab (ein immunmodulierendermonoklonaler Antikörper), einemL-Arginin- und Vitamin-C-Kombinationspräparat,Coenzym Q10 und Probiotika. Ebenfallskeine Evidenz gibt es derzeit für ein inspiratorischesAtemmuskeltraining, „Amygdala- undInsula-Retraining“ (AIR), transkranielle Gleichstromstimulation,hyperbaren Sauerstoff undeine online-Schulung zu PCS (ReCOVery-App).Die Autoren weisen darauf hin, dass dieseErgebnisse mit vielen Vorbehalten und Einschränkungenverbunden sind. Bei einemViertel der bewerteten RCTs seien starkeMängel bei der Durchführung und den Bewertungender Ergebnisse erkennbar. DerartigeStudien führten Patienten und Behandelndein die Irre. Zudem sei es fraglich, ob es in Anbetrachtder sehr heterogenen PCS-Symptomeund Schweregrade eine Intervention gibt,die bei allen Patienten wirkt. So stammtenbeispielsweise die Belege zur Wirksamkeitdes kombinierten Rehabilitationsprogrammsmit körperlichen und kognitiven Übungen vonPatienten, die eine schwere COVID-19-Erkrankungmit Krankenhausaufenthalt durchgemachthaben. Es sei denkbar, dass die beobachtetenpositiven Effekte in erster Linie aufder Wirkung gegen den krankheitsbedingtenMuskelabbau beruhen und bei Patienten mitleichter verlaufender SARS-CoV-2-Infektiongar nicht nachweisbar sind. Grundsätzlichsollten positive Studienergebnisse in anderenUmgebungen, mit größeren Patientenzahlenund mit genau zu definierenden Subgruppenbestätigt werden. Der Forschungsbedarf istalso hoch, und die Forschungsgelder müssensehr zielgerichtet eingesetzt werden.Eine Chance sehen die Autoren darin, dass diepositiven Ergebnisse aus den RCTs mit Online-Angeboten (z.B. KVT plus aerobes Training)rasch und breit umgesetzt werden könnten.Allerdings erfordere dies eine aktive Beteiligungder Patienten, was mitunter schwierigsein kann, da viele Betroffene starke Vorbehaltegegen solche Therapieansätze äußern.Viele befürchteten, dass ihre Beschwerden alsnicht „real“ angesehen und „psychologisiert“werden.2/202511

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