erkrankungen sind nach wie vor unklar undwahrscheinlich auch nicht bei jedem Patientengleich. Die diskutierten Mechanismensind: persistierende Gewebeschäden (Gehirn,Endothel), eine chronische (Hyper-)Inflammationmit oder ohne Persistenz von Virenoder Virusbestandteilen, Mikrothromben,anhaltende metabolische, neurokognitiveund psychische Störungen u.a. Es lassen sichviele laborchemische und histopathologischeVeränderungen nachweisen: Autoantikörper,lymphozytäre Inflammation, Fibrose, Atrophie,Mikrohämorrhagien, Viruspartikel, Überexpressionvon ACE2-Rezeptoren (Diskussionbei 3). Bislang gibt es aber weder einen spezifischenBiomarker, noch schließen normaleBefunde ein PCS aus.Ebenfalls ist unklar, inwieweit ein PCS mit derursächlichen SARS-CoV-2-Variante oder demSchweregrad der akuten Infektion korreliert.Auch nach einer primär asymptomatischenoder mild verlaufenden Infektion kann einPCS auftreten. Allerdings scheint die Prävalenzdes PCS bei geimpften Personen umetwa zwei Drittel geringer zu sein als bei ungeimpften(4).Häufigkeit: Auch die genaue Prävalenz desPCS ist noch nicht klar, da in den Studien oftunterschiedliche und teils unpräzise Krankheitsdefinitionenverwendet werden undmeist keine Kontrollgruppen mitgeführt wurden.Die S1-Leitlinie „Long/Post-Covid“ nennteine Prävalenz zwischen 3% und 6% (3). Ineiner britischen Kohortenstudie gaben 2,9%der Befragten an, an einem PCS zu leiden,davon 69% > 12 Monate und 41% > 24 Monatenach der Akuterkrankung (5). Bei der Mehrzahlkommt es also innerhalb von zwei Jahrenzu einer Heilung oder zumindest deutlichenAbschwächung.Schweregrad und natürlicher Verlauf: Ineiner kürzlich veröffentlichten prospektivenInterview-Studie aus der Schweiz wurden1.704 an COVID-19 erkrankte Personen ausdem Gesundheitssektor (medianes Alter 47Jahre, 82% weiblich) über mehrere Monatenach PCS-Symptomen gefragt. Ein Drittel2/2025Tabelle 1Symptome bei Post-COVID-Syndromennach Häufigkeit 1 (nach 3, 12, 13)Sehr häufig (> 10%) Häufig (1-10%) Selten bzw. unklare Häufigkeit8Schlechte Lebensqualität (> 50%),Fatigue (28-35%); Kognitive Störungen(27,6%): Gedächtnis, Konzentration,Wortfindungsstörungen;Atemnot (10-25%);Schlafstörungen (24%); depressiveSymptome (18%); Angststörung(13,4%)Kopfschmerzen (8,9%); Rhinitis(8,2%); Myalgien (8,1%); Sehstörungen(7,7%); Arthralgien (5,2%);Alopezie (7,3%); Schwankschwindel(6,7%); Halsschmerzen (5,9%); Anosmie(5,2%); gastrointestinaleSymptome (4,5%): Übelkeit, Durchfall,Oberbauchschmerzen; Palpitationen,Tachykardien (4,1%); Husten(4%)„Brain-Fog“; „Post-Exertional Malaise“(PEM) und „Crashes“; Stimmverlust;Heiserkeit; Dysgeusie; Hyperhidosis;fibromyalgiformerSchmerz; Sensibilitätsstörungen;Zwangsstörungen; Tinnitus; Otalgien;posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom(POTS); Dyskardien;Appetitlosigkeit;Sicca-Syndrom; Ausschlag; Thrombophlebitis;gestörte Libido; posttraumatischeBelastungsstörung(PTBS)1= soweit hierüber Angaben zu finden sind
der Befragten bejahten mindestens eines derabgefragten Symptome und 115 (6,7%) gabenan, an einem PCS zu leiden oder diesesüberwunden zu haben. Von diesen verspürten17 bedeutsame oder schwerwiegende Einschränkungenin ihren Alltagsaktivitäten, und85 (74%) hatten mindestens eine Therapieausprobiert und überwiegend den Eindruck,davon profitiert zu haben (6).Der Schweregrad des PCS kann mit Hilfe vonSkalen zum funktionellen Status abgeschätztwerden. Neben allgemeinen PCS-Skalen (7)werden noch viele spezifische Skalen angewendet,z.B. zur Lebensqualität oder zumAusmaß von Fatigue (8). Solche Skalen sindhilfreich, um die Prognose abzuschätzen undden Verlauf zu beurteilen (Übersicht bei 3).Im dem 30 Punkte umfassenden PCS-Score(9) wird die Erkrankung als mild (> 0 bis10,75), moderat (10,76 bis 26,25) und schwer(> 26,25) eingestuft. In der prospektiven, multizentrischenKohortenstudie des deutschenNationalen Pandemie-Kohortennetzwerks(NAPKON) wurden 603 Personen drei Monatenach einer SARSCoV-2-Infektion befragtund graduiert (9). Von diesen waren 82,0%während der Akutphase stationär behandeltworden, waren also stark erkrankt. In der Folgehatten 35,7% keinen Hinweis auf ein PCS(Score = 0), 19,9% erfüllten die Kriterien einesmilden, 36,7% eines moderaten und 7,8%eines schweren PCS. Nach zwölf Monaten,in denen zu 35% der Befragten der Kontaktabgebrochen ist, hatten 25,5 kein PCS (Score0), 14,6% ein mildes, 19,4% ein moderatesund 5,1% ein schweres PCS. Bemerkenswertist die Beobachtung, dass auch 42 von 215Personen ohne initiale PCS-Symptome beimzweiten Erhebungszeitpunkt einen erhöhtenScore hatten.Die schwerste SARS-CoV-2-Folgeerkrankungist die Myalgische Enzephalomyelitis/ChronischesFatigue-Syndrom (ME/CFS). Die Prävalenzdieser Multisystemerkrankung wirdmit 0,4% angegeben und ist nicht spezifischfür SARS-CoV-2-Infektionen. Sie kommt auchnach anderen Virusinfektionen (EBV, Herpes,Influenza) oder Rickettsiosen vor (10). Betroffeneund deren Angehörige sind derzeit medialsehr präsent und fordern mehr und bessereForschungs- und Versorgungsstrukturen.Die Prävalenz sowie Schweregrad und Verlaufdes PCS bei Kindern und Jugendlichenist noch weitestgehend unklar. Aber auch beiKindern sind schwere Verläufe, inklusive ME/CFS dokumentiert. Als schwierig wird die Abgrenzungvon psychischen Störungen infolgeder pandemiebedingten Belastungen („LongLockdown“) angesehen (3).Therapieansätze: Entsprechend der vielfältigenSymptome, Schweregrade und Szenariengibt es sehr viele Therapieansätze beim PCS.In den Studienregistern sind Interventionengemeldet mit einer Vielzahl von Arzneistoffen,apparativen Verfahren sowie LebensstilundRehabilitationsmaßnahmen (s. Tab. 2).Leider wird auch sehr viel Paramedizinischesangeboten, für das die Betroffenen viel Geldausgeben.Die S1-Leitlinie empfiehlt den primär behandelndenÄrztinnen und Ärzten bei klinischerStabilität in den ersten drei Monaten (beiKindern und Jugendlichen zwei Monate) ersteinmal abzuwarten. Es wird eine Basisdiagnostikvorgeschlagen (klinische Untersuchung,Labor), und die günstige Prognosesollte kommuniziert werden. Bei Warnhinweisenin der Basisdiagnostik oder klinischerVerschlechterung soll eine vertiefende Diagnostikund/oder eine Überweisung an geeigneteFachdisziplinen erfolgen. Zudem könnensymptomorientierte psychosomatische Interventionenangeboten werden (Physiotherapie,Bewegungstherapie, Logo-/Ergotherapie,psychologische Psychotherapie, psychosozialeUnterstützung). Wenn die Beeinträchtigungenpersistieren, soll nach mindestens sechs,besser zwölf Monaten die Beantragung einesangemessenen Grades der Behinderung und/oder Pflegegrades diskutiert werden und bei2/20259
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