Kodierunterstützung für Praxen Direkt und digital – ab Januar 2022 in der Praxissoftware 9/2021 24 Bluthochdruck, Grippe oder Mittelohrentzündung: Bei solchen Krankheiten ist die Wahl des richtigen Diagnosekodes Routine. Eine im Praxisverwaltungssystem integrierte Kodesuche oder automatisch angezeigte Hinweise zum Kodieren unterstützen Ärzte und Psychotherapeuten bereits jetzt. Wird das Krankheitsbild aber komplexer, kann sich die Suche nach einem passgenauen Diagnoseschlüssel mitunter schwierig gestalten. Hier kommt ab Januar 2022 die neue Kodierunterstützung zum Einsatz. Sie wird in der Praxissoftware bereitgestellt und kombiniert bestehende und neue Funktionen rund um die Kodierung. Sie bietet Ärzten und Psychotherapeuten eine Lösung aus einer Hand – von der Suche bis zur Auswahl eines Diagnosekodes. Regelungen der ICD-10-GM werden damit transparenter und leichter anwendbar. Wichtig auch: Mit der Kodierunterstützung kommen keine neuen Regeln oder Vorgaben. Basis ist und bleibt die ICD-10-GM. Bei der Ausgestaltung hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) darauf geachtet, dass den Praxen möglichst keine Mehrarbeit entsteht, sondern sie entlastet werden – durch eine Unterstützung nach Maß. Welche Funktionen bietet die Kodierunterstützung? Eine neue Funktion ist der Kodier- Check – zur Plausibilisierung von gewählten Kodes, der bei vier Diagnosebereichen im Hintergrund läuft. Neben der ICD-10-GM ist künftig auch die Verschlüsselungsanleitung, herausgegeben vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte (BfArM), in die Praxissoftware eingebunden. Bewährte Funktionen wie die Kodesuche und die Kennzeichnung von Dauerdiagnosen wurden überarbeitet und stehen weiter für alle Diagnosebereiche bereit. Mit der Erweiterung der Kodierunterstützung um neue Inhalte und Funktionalitäten sind künftig alle relevanten Informationen zum Kodieren in der Praxissoftware zu finden. Das Nachschlagen in Büchern und Suchen im Internet, was gerade bei komplexen Kodierungen mitunter nötig ist, entfällt. Gesetzlicher Auftrag Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz hat die KBV den Auftrag erhalten, verbindliche Vorgaben zum Kodieren zu erstellen und zum 1. Januar 2022 einzuführen. Denn immer wieder steht die Kodierqualität auf dem Prüfstand. Für die KBV stand von Anfang an fest: Durch neue Kodiervorgaben darf keine neue Bürokratie entstehen. Im Gegenteil: Das Kodieren soll leichter werden. Kodieren ist zu einem wichtigen Teil der vertragsärztlichen Arbeit geworden, der von niemandem sonst übernommen werden kann. Unter anderem wirkt sich eine exakte Ko-
dierung der Behandlungsdiagnosen auf die Geldströme im Gesundheitssystem aus und kommt somit auch den Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten zugute. Denn mithilfe der Kodes wird gemessen, wie krank die Versicherten sind und wieviel Geld letztlich für ihre medizinische Versorgung benötigt wird. Dies spielt sowohl eine Rolle beim Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen – wer mehr Schwerkranke versichert hat, erhält mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds – als auch bei den jährlichen Honorarverhandlungen für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten. Vor diesem Hintergrund steht die Kodierqualität auch immer wieder auf dem Prüfstand. Im Fokus stehen Krankheiten mit hohen Fallzahlen, deren Behandlung jährlich Millionen kostet. So funktioniert der Kodier-Check Der neue Kodier-Check startet so auch bewusst für vier Diagnosebereiche mit hohen Fallzahlen und einer komplexen Kodierung: Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes mellitus und Folgen eines Bluthochdrucks. Geben Praxen einen Kode aus diesen Diagnosebereichen an, beginnt ein Kodierregelwerk im Hintergrund mit der Prüfung. Passt etwas nicht, meldet es sich und gibt beispielsweise den Hinweis, dass ein spezifischerer ICD-10-GM-Kode vorhanden ist und bietet diesen direkt zur Auswahl an. Mit nur einem Klick kann der Anwender den Kode übernehmen oder ablehnen. Soll der Hinweis bei diesem Fall im selben Quartal nicht noch einmal angezeigt werden, kann er deaktiviert werden. Die ärztliche Entscheidung hat oberste Priorität. Die Software ist so voreingestellt, dass der Kodier-Check direkt bei der Kodierung läuft. Wer das nicht möchte, kann die Einstellung so anpassen, dass die Überprüfung erst bei der (Test-) Abrechnung erfolgt. Ärztinnen und Ärzte erhalten dann eine Übersicht mit allen Behandlungsfällen und den entsprechenden Hinweisen angezeigt, und die Fälle können einzeln bearbeitet werden. Anlegen von Dauerdiagnosen weiter möglich Die Funktion, Behandlungsdiagnosen eines Quartals so zu kennzeichnen, dass sie auch in den Folgequartalen automatisch in die Abrechnungsunterlagen übernommen werden können, bleibt erhalten. Neu ist, dass diese Funktion künftig auch für anamnestische Diagnosen bereitsteht, und in jeder Praxissoftware aktiviert ist. Einige Ärzte und Psychotherapeuten werden somit ab Januar 2022 zum ersten Mal damit arbeiten können – die Nutzung bleibt aber freiwillig. Bevor Praxen „Dauerdiagnosen“ oder „anamnestische Diagnosen“ in die Abrechnung übernehmen, sollte eine Prüfung erfolgen, ob diese in dem Quartal für die Behandlung relevant waren. Die Auswahl und Übernahme ist weiterhin mittels weniger Klicks im PVS möglich. Der Diabetes mellitus eines Patienten ist beispielsweise regelhaft Anlass zur Behandlung und wäre eine klassische Dauerdiagnose. Eine Penizillin-Allergie hat ein Patient ebenfalls dauerhaft, sie führt aber nur sporadisch zu einem Behandlungsaufwand. Für die ärztliche Entscheidung ist sie etwa bei der Verordnung eines Antibiotikums wichtig und daher als anamnestische Diagnose zu kennzeichnen. 9/2021 25
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